aamamamamamaIhr Titel
aber auch Drucke, Bilder, Gemälde usw.

Audio

 Kleiner Bruder Timmi  -  Die kleine Mondfee


Nele   kuschelt sich tief ins Kissen. Die Uhr auf dem Schrank tickt und tickt, und der blasse Mond scheint gespenstisch durch die Vorhänge. Nele schaut hinüber   zum anderen Bett. Timmi schläft längst. Wenn Mama jetzt ins Zimmer käme,   würde sie ihr wieder erzählen, wie lieb doch ihr kleiner Bruder abends einschläft. Warum haben Mama und Papa sich den bloß noch gewünscht. Aber sie,  Nele, haben sie natürlich nicht gefragt. Sie hätte gleich gewusst, was da auf  sie zukommt: ein Schreihals, Petzer, Hosenpisser, Streitmacher. Nele könnte endlos weiter aufzählen. Wenn er bloß wieder verschwände! Keine Träne würde  sie ihm nachweinen.

Der   Wind schaukelt die Vorhänge wie Schleier. Die Muster verändern sich dabei zu   allen möglichen Figuren. Jetzt sieht es aus, als brausten lauter Autos durch  die Gardinen, im nächsten Augenblick verwandeln sie sich in zwei Hunde mit  riesigen Augen und dann in feuerspeiende Drachen. Neles Augen werden langsam  müde. Sie erkennt eine neue Figur in den Mustern, eine Fee. Die schwenkt  sogar die Arme. Nele setzt sich erschrocken auf. Und ehe sie auch nur 'huch'  rufen kann, löst sich die Fee aus der Gardine und schwebt durchs Zimmer. Sie  ist sehr neugierig und guckt sogar in Timmis Bett. Schließlich landet sie   sanft auf Neles Bettpfosten.

"Bist du die   Mondfee?" fragt Nele aufgeregt. Aus ihrem Bilderbuch weiß sie, dass die   Mondfee Wünsche erfüllt. Nele hätte eine Menge Wünsche, und einen ganz  bestimmten...
Nein", antwortet  die Fee. "Ich bin nur ihre kleine Schwester!"
"Erfüllst DU auch  Wünsche?" fragt Nele.
"Ja", nickt die  kleine Fee, "aber nur meine eigenen!"
"Das hätte ich mir denken  können", murmelt Nele enttäuscht. "Typisch kleine   Geschwister!"
Die kleine Fee kichert.   "Weißt du, was ich mir wünsche?"
"Meinen   Püschel bekommst du nicht!" ruft Nele und drückt ihren Teddy fest ans  Herz. "Unsinn", lacht die kleine Fee. "Mein Teddy zu Hause ist   sowieso viel schöner.
"Ich wünsche  mir einen kleinen Bruder."
Nele reißt überrascht die Augen auf.   "Den Timmi?"
"Genau   den", bestätigt die kleine Fee. "Einen kleinen Bruder wollte ich   schon immer haben."
Nele  kräuselt die Stirn. "Er ist unausstehlich, er zankt immer!"
"Das stört mich nicht", sagt die kleine Fee.
"Du  weißt nicht, auf was du dich einlässt", warnt Nele. "Er macht die  Hosen voll und stinkt schlimmer als Zwiebelgrütze mit Senf!"
"Ich  liebe Zwiebelgrütze mit Senf",  seufzt die kleine Fee.
 "Wenn du vom Pudding naschst, dann petzt er!"
"Nicht,   wenn ich ihm etwas abgebe", behauptet die Fee frech und schwebt zu  Timmis Bett.
"Er wirft alle Bauklötze um", verrät Nele. Doch die  Fee lächelt bloß.
"Er zerrt an deinen Haaren und plärrt dich morgens   ganz früh munter ... er nimmt immer das größte Stück Kuchen und will alles   als erster!"
"Sag bloß, du nicht?" fragt die Fee.
 Nele verschlägt es fast die Sprache. "Er kann ja noch nicht einmal richtig reden",  ruft sie.
"Wenn  es weiter nichts ist", sagt die Fee gleichgültig. "Mir gefällt er." - Behutsam zieht sie  Timmis Decke zurück und streckt doch glatt die Arme nach ihm aus.

Nele explodiert. "Lass Timmi in Ruhe", brüllt sie. "Den kriegst du nicht!"
Kaum ist sie aus ihrem Bett gesprungen, schwebt die kleine Fee wie ein Nebel  zurück in den Vorhang. Dort verändert sie sich mit dem nächsten Windhauch zu  einer dicken, fetten Giraffe mit viel zu kurzen   Beinen.

"Das   ist mein Bruder!" sagt Nele wütend und kriecht samt Pusche! zu Timmi  unter die Bettdecke ... und pst!!! ... ich glaube, sie schläft schon.

Ute Keil - aus:   „Meine Familie und Deine“- (Georg Bitter Verlag)
                 sowie :  "Leise, Leise, der Mond geht auf die Reise" - (Patmos Verlag)