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Miriam und Juli , die Nikolausüberraschung

Dies ist die Geschichte von Juli und Miriam. Es ist eine wahre Geschichte. Sie hat sich genauso – na gut, fast genauso – zugetragen, wie ich sie erzähle.

Juli und Miriam sind Freundinnen. Jeden Nikolausmorgen hängt an Julis Türgriff eine hübsche Plastiktüte mit einem kleinen Geschenk darin und an Miriams ebenso.
Obgleich jede behauptet, die hätte der Nikolaus dort hingehängt, wissen doch beide ganz genau, dass die Tüte an Julis Tür von Miriam stammt und die an Miriams Tür von Juli. Obgleich beide genug Spielsachen besitzen, freuen sie sich doch jedes Jahr auf die Nikolaustüte.

Miriam hat diesmal mit ihrer Mutter eine kleine Puppe für Juli gekauft, die die Augen auf- und zuklappen kann, und Mandarinen und Nüsse steckt sie auch mit in die Tüte hinein. Am Abend regnet es leider sehr, und Mama und Miriam beschließen, ihre Tüte lieber am nächsten Morgen an Julis Tür zu hängen.

Als sie sich ganz früh auf den Weg machen, hängt an ihrer Tür eigenen noch keine Tüte. Nur die Zeitung steckt wie jeden Morgen am Türgriff.
„Siehst du, Juli ist bei dem Regen gestern auch nicht hier gewesen“, sagt Mama. „Sie kommt sicher gleich. Wir wollen uns beeilen.“

Unterwegs sehen sie die Frau, die die Zeitungen austrägt. Sie verschwindet gerade in einem Haus auf der anderen Straßenseite. Unten am Eingang wartet ein kleines Mädchen mit dunklen Haaren und einem langen Rock bei der Zeitungstasche. Es hält einen kleinen rosa Teddy im Arm und knabbert an einem Schokoladen-Nikolaus. Miriam und ihre Mutter beeilen sich, zu Juli zu gehen, und hängen ihre Tüte leise an den Türgriff.
„Geschafft“, flüstert Mama. Auf dem Rückweg kommen sie wieder an dem kleinen Mädchen und der Zeitungstasche vorbei. Von dem Nikolaus ist nichts mehr übrig.
„Hat es geschmeckt?“, fragt Mama. Die Kleine nickt und drückt den rosa Teddybären fest an sich.

Heute wartet Miriam vergebens. Juli bringt keine Nikolaustüte, und sie ruft auch nicht an, um sich für die Puppe und die vielen Nüsse zu bedanken. Miriam ist stinksauer. Den ganzen Tag hockt sie vor dem Telefon und läuft ständig zur Tür. Nichts!

Vielleicht hat sie den Nikolaustag vergessen und hängt ihre Tüte morgen hin“, sagt Mama tröstend.
Vielleicht! Am nächsten Morgen klettert Miriam ganz früh aus dem Bett. Und tatsächlich, es raschelt vor der Tür. Miriam reißt sie auf. Aber davor steht nur die Zeitungsfrau, ganz erschrocken, und hält ihr die Zeitung entgegen.
„Guten Morgen“, sagt die Frau in gebrochenem Deutsch. „Ist deine Mama da?“
Miriam holt Mama aus dem Badezimmer. Die Frau lächelt: „Ich mich bedanken bei Ihnen für schönen Bär! Meine Lara ist sehr glücklich. Hat nie so ein schöne Bär besessen. Ihr gute Menschen, zu Nikolaus an mein Kind denken!“
„Ein Bär?“ stottert Mama. Denn ihr fällt sofort das Mädchen bei der Zeitungstasche ein. „Ein rosa Teddybär?“
”Ja, große Freude für Lara”, lächelt die Frau. „Auch andere Menschen nett. Hatten Plastiktüte an Tür für meine kleine Tochter mit Puppe, kann Augen auf und zu machen. Ich gleich dort auch klingeln und danke sagen und schöne Weihnacht. Meine Lara sehr sehr froh!“ - Winkend steigt sie mit ihren Zeitungen die Treppe hinauf.

„Das war mein rosa Bär von Juli“, sagt Miriam. „Und Julis Puppe hat sie auch von dort mitgenommen. Darum ruft Juli nicht an, sie hat die Tüte gar nicht gefunden.
Mama ist sehr still geworden. „Ich habe noch nie daran gedacht, der Zeitungsfrau etwas zu schenken“, sagt sie beschämt.

Miriam schaut aus dem Fenster, aber das kleine Mädchen ist nicht mehr zu sehen. „Ob Lara Julis Puppe wohl lieb hat?“, fragt sie nach einer Weile.
„Ja natürlich“, versichert Mama. „Und wie gern sie den rosa Bären hat, hast du selber gestern doch gesehen.“
Miriam starrt auf ihre Zehen. „Weißt du was?“ fragt sie auf einmal. „Lara soll ihn behalten. Ich bin froh, dass sie ihn gern hat. Ich hätte, glaube ich, gar keinen rosa Bären mehr gebraucht. Und Juli hat doch auch schon so viele Puppen.“

„Du bist ein liebes Mädchen“, flüstert Mama und nimmt Miriam in die Arme. „Und jetzt rufst du lieber ganz schnell bei Juli an, damit sie weiß, was passiert ist und der Zeitungsfrau nichts verrät, wenn sie gleich dort klingelt.
Miriam nickt eifrig. „Und nächstes Jahr kaufen wir auch ein Geschenk für Lara!“
„Das werden wir tun, ganz bestimmt“, versichert Mama, und Miriam geht schnell zum Telefon.

                               Ute Keil - (Aus: Glücksgeschichten, G. Bitter Verlag ) –